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NARRENGESANG

Eingesang

Niemand!
—-
Niemand! Niemand kennt…
——
Niemand! Niemand kennt
Mein wahres Gesicht…
———
Niemand! Niemand kennt
Mein wahres Gesicht,
Bin mir selbst doch fremd…
Hauptgesang

Niemand! Niemand kennt
Mein wahres Gesicht,
Bin mir selbst doch fremd,
Bin da und auch nicht.

Ähnlich dem stillen Ozeanenmeer,
Ist mein Erscheinen äüßerlich, nämlich –
leer, weich, in toller Ausgelassenheit
Wellenmund säuselt schäumend ganz oben.
Weit aber im entleg´nen tiefen Grund
Toben Stürme, Ungetiere wüten,
Hauen, Stechen; Gepanzerte Wächter
Hüten Verborg´nes mit derben Klauen.

Als mir zum sechzehnten Male der Frühlingswind die Schopfeslocken wehen ließ,
Zerrte, peitschte mich aus kindischer Sorglosigkeit, das Wort, so furchtsam süß: Tod.
Erschrocken schwebte meine Seel´ in das Nichts, wurde flügge, entrann dem Verließ,
Seit dem triumphiert, schmachtet sie, lahmt, ist vogelfrei, glitzert und wälzt sich im Kot.
Ich lache meiner Eitelkeit, höhne allem Wissen und will raufen, streiten,
Viele Leben spielen, kein Einer sein, um zu frönen tausend Möglichkeiten.

Bin kein Mann, keine Frau,
Denk weder dumm noch schlau,
War nicht jung, werd nicht alt,
Mir ist nie heiß, nie kalt.
Niemals zerbricht
Mein gefroren
Heitres Gesicht.
Irr verloren
Zurück und vor.
Un-geboren
Leb´ ewiglich,
Sterbe täglich
Als Narr und Tor.

 

Olaf Ludmann

„Die echten Schriftsteller sind Gewissensbisse der Menschheit.“

Ludwig Feuerbach

Stand: 20.3. 2023 – 26.3. 2023